Mittwoch, 13. April 2011

Mit David durch Jamestown



Jamestown ist einer der ältesten Stadtteile von Accra, hier stehen einige alte Gebäude im Kolonialstil. Sehenswürdigkeiten sind der Leuchtturm und Jamesfort, eine alte Burg der Briten aus den Hochzeiten des Sklavenhandels. Doch hat dieser Stadtteil so gar nichts mit den hübschen Kolonialstädten zu tun, die ich aus Mittelamerika kenne: Jamestown ist einer der ärmeren Stadtteile Accras und das sieht man. Zwar läuft das Viertel noch nicht unter dem Label Slum, immerhin sind die meisten Straßen asphaltiert, jedoch sind die Gebäude sehr heruntergekommen. Zwischen den alten Häusern breitet sich ein Gewirr von Wellblechhütten aus und die Menschen sehen zum Teil richtig ungesund aus. Der "Lonely Planet" schreibt, dass dort nur wenige Menschen eine Brille tragen würden und das nicht, weil sie alle so gute Augen hätten. An dieser Beobachtung ist durchaus etwas dran.

Wir werden von David herumgeführt. Er ist ein echter „Local“ und scheint jeden zweiten zu kennen. Einige sind wohl auch ältere Brüder oder sonstige Verwandte. Was genau er macht, ist aber nicht so ganz klar, er arbeitet wohl jedenfalls in einem Community Theatre als Volunteer. Der Rundgang führt uns zunächst zum Leuchtturm und wir wollen rauf. David schafft es irgendwie für uns den Schlüssel zu besorgen, offenbar kennt er auch das junge Mädchen, das den Schlüssel bringt. Normalerweise ist der Turm nicht zugänglich. Aus gutem Grund: Die letzten Leitersprossen fehlen, das Metallgeländer ist etwas bröckelig von der salzigen Luft.

Für David ist es eine Premiere: Obwohl er nur 200 Meter Luftlinie entfernt wohnt, war er noch nie oben. Da er Höhenangst hat, kostet es ihn auch sichtlich Überwindung, aber er hält sich wacker und es lohnt sich. Auf der einen Seite das Meer, auf der anderen ein Meer aus Wellblech. Die Grenzen der Stadt verschwimmen im Dunst / Smog. Im kleinen Fischerhafen liegen duzende Pirogen, auf einem Bolzplatz wird gekickt, am Strand lässt jemand etwas fliegen, was ein Drachen sein soll. Es könnte auch einfach etwas Plastikmüll sein, aber es fliegt tatsächlich. Wieder unten bekommen wir von der inzwischen erschienen Mutter des Mädchens doch noch die Rechnung präsentiert: sportliche 3 Cedis pro Nase (ca. 1,50 Euro). Zum Vergleich: Abends bekommt man dafür eine Taxifahrt von ca. 3-4 Kilometern.

Weiter geht es an dem bereits erwähnten Community Theatre vorbei, an dem regelmäßig Themen wie HIV/AIDS, Hygiene, Müll oder Bildung, die die Community betreffen, behandelt werden. In einer kleinen Hintergasse kicken einige Jungs mit einem selbstgebastelten Fußball. Eigentlich will ich sie beim Kicken fotografieren, was allerdings schief geht, da sie viel lieber cool posen, als ich sie um Erlaubnis frage.

Leider habe ich ansonsten (noch) nicht so viele Fotos von diesem Stadtviertel, weil ich mit dem Fotografieren noch recht zurückhaltend bin: Die Kinder posieren zwar bereitwillig und haben einen riesen Spaß dabei. Viele Erwachsene sind sich aber wohl sehr wohl ihrer Lebenssituation bewusst und sehen es nicht so gerne, wenn man fotografiert. Fragen soll aber wie so oft im Leben helfen, weshalb mit der Zeit noch einige Bilder nachkommen werden.

Wir setzen uns dann erst mal hin und trinken ein Bier im „Assembly Spot“. Direkt hinter uns verläuft der offene Abwasserkanal, in dem das „Wasser“ wohl schon länger nicht mehr abläuft. Zwischendrin kommt ein kleiner Junge vorbei, lässt die Hose runter und pinkelt rein. Wir holen uns an einem Straßenstand „Killey Willey“, frittierte Kochbananen mit Erdnüssen, eingewickelt in Zeitungspapier. Beim näheren Hinsehen entpuppt sich das Zeitungspapier als deutsche „Praktiker“-Werbung. 20 Prozent auf alles, außer Tiernahrung.

Als es dunkel ist, ziehen wir weiter. Interessant: Auch nach Einbruch der Dunkelheit fühlt man sich nicht unsicher, was nicht nur daran liegt, dass wir einheimische Begleitung haben. Natürlich fällt man als Weißer in diesem Viertel aber deutlich mehr auf als in anderen. Gerade die Kinder gucken fasziniert, rufen einem „Obruni“ zu und freuen sich tierisch, wenn man ihnen winkt oder ein „How are you?“ zuruft. Im Gegensatz zu manchem anderen Stadtviertel wird jedoch nicht andauernd versucht einem irgendetwas zu verkaufen, was sehr angenehm ist.

Der Abend endet im „Jubilee Pool House“ bei einer Runde Billard und Lifemusik: Highlife, dessen Wurzeln wohl bis in die 20er Jahre zurück reichen und der wie eine afrikanische Melange aus Jazz und karibischen Rhytmen klingt. Ein langer Abend wird es aber nicht, da ich vor dem Ausflug bereits am Vormittag das erste Mal auf dem Markt Shoppen und anschließend Fußball-Bundesliga gucken war, mir das extrem schicke Einkaufszentrum von Accra angesehen habe und die Hitze immer noch ganz schön anstrengend ist. Zu allen diesen Sachen jedoch demnächst mehr, wenn auch vielleicht nicht unbedingt als nächstes.

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